Dass den Unternehmen in Deutschland Nachwuchskräfte fehlen, liegt vorrangig am demografischen Wandel in der Bevölkerung. Doch ein weiterer wichtiger Grund ist die Einstellung der derzeitigen Generation zu den festgefahrenen Strukturen des deutschen Arbeitsmarktes. Großzügige Konditionen, wie Dienstwagen zur privaten Nutzung, Extrazulagen und 30 Tage Urlaub, scheinen auch bei interessanten und bisher begehrten Jobangeboten nicht mehr zu ziehen. Die Personaler verzweifeln und können sich nicht erklären, warum qualifizierte Bewerber solche Stellen ausschlagen.

Status ist „out“ – Spaß am Job ist „in“

Die heutige junge Generation ist geprägt von einer allgemeinen Skepsis gegenüber bisherigen globalen Strukturen, angefangen vom Umgang mit der Umwelt über das aktuelle Wirtschaftssystem eben bis hin zur Arbeitswelt. Die klassischen Karrierewege und Unternehmenshierarchien scheinen einfach nicht mehr mit den Vorstellungen und Ansprüchen der „Generation Y“ zusammenzupassen. Das „Y“ wird im Englischen wie das Wort „why“ (Deutsch: „warum“) ausgesprochen und weist auf die Charakteristik des Alles-Hinterfragens dieser Generation hin. Aufgewachsen mit neuen Technologien und in virtuellen Welten, spielen Status und Prestige eine untergeordnete bis gar keine Rolle. Kein Wunder also, dass Stellenangebote, die mit Konditionen wie dem tollen Firmenwagen locken, nicht harmonieren mit der Sinnsuche der gegenwärtigen Generation, die eher den Drang verspürt, sich zu entfalten und Spaß bei der Arbeit zu haben. Doch woran liegt das? Es ist zurückzuführen auf ebendiese Strukturen, die bisher auf dem Arbeitsmarkt vorgeherrscht haben. Im eigenen Familienkreis haben die jungen Menschen beobachten können, wie grundlegende Ausbildungen von Geschwistern und Eltern absolviert und tolle Positionen mit perfekten Konditionen in renommierten Unternehmen erlangt wurden. Dies scheint bis zu einem gewissen Zeitpunkt super geklappt zu haben. Doch das Familienleben kam zu kurz. Der Münchner Orientierungsberater Andreas Peez analysierte aus einer Vielzahl von Gesprächen, dass die Skepsis berechtigt ist. Der Wertewandel der „Generation Y“ gründet auf den Erfahrungen, die sie gemacht haben. Wenn ein Vater kaum Zeit mit ihnen verbracht hat und die Mutter zwischen Familienverantwortung und Karriere hin und her gerissen war, hat dies seinen Teil dazu beigetragen. Aus den Tatsachen, dass etwa Familienmitglieder keinen neuen Job bekommen haben, weil sie mit 50 vermeintlich als zu alt galten oder aber aufgrund langwieriger Krankheiten gekündigt wurden, lässt sie ebenso darauf schließen, dass es am Ende die ganze Mühe nicht wert sei. „Mit all diesen Erfahrungen im Hintergrund ist es nicht nur nachvollziehbar, sondern sehr intelligent, wenn die heutigen Berufseinsteiger andere Prioritäten setzen“, stellt Peez fest. Start-ups bieten da eine Nische, in der sie sich tatsächlich entfalten können. Die Hierarchien sind flach, es gibt genug Spielraum für eigene Projekte und die Arbeit dort passt besser zu den Interessen, zum Lifestyle sowie den Zukunftsabsichten der neuen Generation. Doch ob traditionelle Unternehmen ihre eingefahrenen Strukturen aufweichen und an die Werte und Ansprüche der nachfolgenden potenziellen Arbeitskräfte anpassen wollen, ist eine andere Frage.

„Wertewandel auf dem Arbeitsmarkt?"
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